Hans-Werner Sinn: “Ich war ein Dummkopf … Es war ein Riesenfehler, den Euro einzuführen”

Die Frankfurter Allgemeine Sonntagszeitung vom 14. Januar 2018 (Nr. 2, S. 32) brachte anlässlich des 70. Geburtstags des bekannten Ökonomen Hans-Werner Sinn ein ganzseitiges Feature von Holger Steltzner unter der Überschrift “Der Europäer”. Sinn gilt  seit Jahren als einer der schärfsten Kritiker der finanzplitischen Praktiken in der Währungsunion, die gegen elementare vertragliche Regelungen und politische Versprechungen verstoßen. Es ist interessant, dass sich ausgerechnet (auch) er als exzellenter Kenner seines Fachs vom ideologischen Wunschdenken verführen ließ.  Selbstkritisch wird er in dem Artikel zitiert:

“Ich war ein Dummkopf”, sagte Hans-Werner Sinn und fügte hinzu: “als junger Mann.” Als junger Professor hatte er die Euroeinführung vehement unterstützt. Jetzt bereut er das. “Es war ein Riesenfehler, den Euro einzuführen.” Ökonomisch, aber auch politisch. “Was ist aus dem angeblichen Friedsprojekt geworden? In Wahrheit habe ich noch nie so viel Hass in Europa erlebt wie jetzt.”

Ich erinnere mich, wie ich (etwa im Alter von Hans-Werner Sinn) seinerzeit auf den Donnerstagsdemonstrationen auf dem Bonner Marktplatz Anfang der 1990er Jahre gegen Umzug von Regierung und Parlament nach Berlin den Ausspruch “Euro ist Teuro”, der auf manchen Plakaten zu lesen war, für sehr plausibel hielt. Mir war instinktiv mulmig bei dem Gefühl, die D-Mark aufzugeben. Die Deutschen, hieß es damals von prominenter Seite, hätten vom früheren verderblichen Nationalismus abgelassen und sich dem “D-Mark-Patriotismus” zugewandt, aus Nationalisten seien D-Mark-Patrioten geworden. Es stellte sich heraus: Einen D-Mark-Patriotismus gab es nicht bzw. durfte sich nicht artikulieren. Die D-Mark wurde ohne nennenswerten Widerspruch abgeschafft. Allerdings: Bei einer Volksabstimmung  wäre sicherlich ein anderes Ergebnis herausgekommen. Aber das dumme Volk, so dachten sich die Eliten, soll man bei so wichtigen Entscheidungen besser nicht befragen. Komplexe Probleme können allenfalls Experten und Politiker durchschauen. Aber unter Umständen hat “Lieschen Müller” den besseren Riecher.    

 

“Die Einführung des Euro …erinnert an Diktaturen” (Lord King, 2017)

Iln der Frankfurter Allgemeinen Sonntagszeitung vom 11. Juni 2017, Nr. 23, S.31, wurde ein Interview mit Mervin King, Ex-Chef der englischen Notenbank, “über die britische Wahl, das Ende des Euro und Banken in der Krise” abgedruckt unter der Hauptüberschrift “‘Der Brexit bietet Chancen für alle’“. 

Auf die Frage, was ihn besonders am Euro störe, sagte Lord King:

“Die Einführung des Euros im Jahr 1999 war ein Eliteprojekt. Man hat die Menschen nie gefragt, ob sie den Euro haben wollten, man hat ihn einfach eingeführt. Das erinnert an Diktaturen und ist einer Demokratie unwürdig.”

Der Interveiwer (Dennis Kremer) sagt daraufhin: “Ein hartes Wort”. Kings Antowrt:

“Ja, aber so ist es leider. Die Entscheidung für den Euro war unverantwortlich. Man hatte zu viel politischen Ehrgeiz und glaubte, man könne über die Währungsunion auch eine bessere Zusammenarbeit in anderen Politikbereichen forcieren. Nun schauen Sie nur, was daraus geworden ist. Die Länder Europas misstrauen sich, es kommt ständig zu Spannungen. Wären die Sachen langsamer angegangen und ohne Währungsunion: Wer weiß, was sich noch alles Positives entwickelt hätte.”

SO IST ES: DIE EINFÜHRUNG DES EURO WAR EIN DIKTATORISCHER AKT AM VOLK VORBEI. ALLERDINGS: DAS DEUTSCHE VOLK HAT SICH RUHIG VERHALTEN — DER ANGEBLICHE D-MARK-PATRIOTISMUS ERWIES SICH ALS HIRNGESPINST. MAN KONNTE DEN DEUTSCHEN DIE D-MARK WEGNEHMEN, OHNE DASS DIE SICH GEWEHRT HÄTTEN. DER DEUTSCHE MICHEL GLAUBT AN DIE WEISHEIT DER OBRIGKEIT — ER IST MIT ANDEREN WORTEN EIN UNTERTAN.